Liebe Freund:innen des Eichwäldlis
EINE ANDERE STADT IST MÖGLICH. So stand es auf dem Transpi der ersten Eichwäldli-Demo. Jetzt ist leider Schluss damit. Vielleicht wäre sogar eine andere Welt möglich gewesen. Wer weiss. Die Zeichen standen gut. Die Balken zwar schief aber die Ideen klar: gemeinschaftlich organisierte Utopie mit viel Energie beteiligt am Abbruch des Patriarchats, entgegen der zerstörerischen kapitalistischen Logik und wider den Gehorsam. Irgendwie so. Und noch vieles mehr. Ihr habt’s ja gekannt. Doch die andere Stadt scheint in die Ferne gerückt. Denn die jetzige Stadt hat von Anfang an nichts Anderes gewollt als das geliebte Haus abzureissen. Und jetzt ist es soweit. Das Haus ist weg. Abgerissen. Krach. Als ich dem Bagger beim Kaputtmachen zuschaute wurde mir klar: Jetzt ist es zu spät.
DAS EICHWÄLDLI WURDE ABGERISSEN.
Oder vielleicht doch etwas optimistischer:
Denn es wurde auch klar: Das Haus ist nicht eingestürzt. Nein. Das Haus wird abgerissen. Eigentlich hätte es ja schon längst eingestürzt sein sollen. Das Haus. Es hätte zusammenstürzen sollen. Implodieren, die Holzbalken zerbarsten und all die lieben, naiven Menschen mit einem grossen Knall unter sich begraben. Bum. Doch eingestürzt ist nichts. Ausser vielleicht unsere Träume. Nachdem Sie, unsere Träume, nach einer geglückten Eichwäldli Besetzung explodierten, wurden sie, also die Träume und mit ihnen die Menschen zum Stillstand gezwungen. Die Ideen und Visionen, die an diesem Ort entstanden, wurden abgemurxt und mit den miesesten Methoden wie Bürokratie, blauen Uniformen und Laaaaangweiligsein bekämpft. Tja. So war das eben. Bum. Ein lauter Knall im konservativen Luzern. Aber ich glaube der Knall hat gutgetan. Auch wenn das Haus jetzt weg ist, bewegt wurde einiges. Oder einiges wurde in Bewegung gehalten. Und damit meine ich konkret die widerständige Praxis gegen die Vereinnahmung unserer Leben durch den Kapitalismus. Auf jeden Fall wurde gegen die allgemeine Scheisse gekämpft und wir tun es immer noch.
Danke Eichwäldli. Es war schön mit dir! Es macht Mut an diese vergangene Zeit zu denken. Die enorme Unterstützung die aus verschiedensten Ecken und Enden dieser Stadt kam macht Mut. Die vielen Begegnungen machen Mut. Die kämpfenden Menschen machen Mut. Danke!
Während ich für diese Worte durch das Eichwäldliarchiv scrollte und die vielen netten Briefe las, ist es mir wieder aufgefallen. Der einzige Grund warum die Bagger heute die Utopie abreissen ist: Die Feigheit. Die Feigheit parteipolitischer Akteur:innen. Mit feige meine ich ein äusserst negatives Wort und mit parteipolitischen Akteur:innen meine ich Menschen die sich mit viel Pomp und Selbstinszenierung in eine Entscheidungsposition wählen haben lassen. Die Qualifikation von Politiker:innen beschränkt sich meist auf das Ergattern von Stimmzetteln durch leere Versprechen. Es macht mich wütend. Dass wir euch heute nicht an den langen Tisch im Eichwäldli einladen können, haben Jost und Züsli von ihrem Schreibtisch aus entschieden ohne ein einziges Mal das Haus überhaupt nur von aussen anzuschauen. Das ist feige. Und der Grund warum wir irgendwann im letzten Sommer entschieden haben unsere Sachen zu packen und nicht weiter zu bleiben und so zu tun als wäre nichts, ist nicht, weil wir nicht gewollt hätten. Nein. Der Grund ist ihre Repression. Die Gewalt die der Staat ausübt um Menschen davor abzuhalten ein schiefes Haus zu bewohnen ist erschreckend. Und die Mittel die der Staat für die angeordnete Repression aufwendet irrwitzig. Wovor haben sie eigentlich Angst?
Vor uns. Das ist kein Witz. Sie haben effektiv Angst vor uns. Mit einem überrissenen Polizeiaufgebot versuchten sie unsere Identitäten festzustellen obwohl unsere Namen seit langem am Briefkasten standen. Polizeipatrouillen machten sich täglich die Mühe bei uns vorbeizufahren um zu schauen, ob nichts Verdächtiges passiert. Das letzte halbe Jahr wurde das Haus dann von Securitas bewacht. Ein leerstehendes Haus wurde bewacht. Es wurde sich tatsächlich die die Mühe genommen hierhin zu karren, die Ketten zu kontrollieren obwohl sie wissen, dass wenn etwas passieren würde, die Bull:innen sowieso immer zu spät sind. Aber ja. Der Staat hat Angst. Angst, dass die Ordnung ins Wanken gerät. Vor uns? Lustig. Absurd.
Auch wenn das Eichwäldli als Ort nicht mehr da ist. Es gibt so viele gute, wichtige und kämpferische Orte in dieser Stadt. Die einen schon lange, die anderen bald. Und das macht Mut. So viele Menschen machen diese Orte und diese Orte bedeuten Widerstand! Solange wir uns weiterhin vernetzen und für diese Räume kämpfen, wird es sie geben. Und solange es sie gibt, die Räume und die Menschen darin, wird dieser kapitalistische, sexistische, rassistische, diskriminierende Scheisszustand bekämpft.
Eichwädli Bleibt. Wir bleiben alle. SCHIEF IST SCHÖN. Für immer geblieben!